Der Frauenrat Saarland e. V. plädiert für die Kostenübernahme von Verhütungsmitteln für alle Frauen im Transferleistungsbezug und mit vergleichbar geringem Einkommen und schließt sich deshalb den folgenden Empfehlungen des Pro familia Bundesverbandes an:
- Der aktuell ungleiche Zugang zur Kostenübernahme für Verhütungsmittel muss überwunden werden. Im Sinne des Rechts auf Familienplanung sollte für Frauen mit wenig Geld eine bundeseinheitliche Lösung entwickelt werden, d.h. keine „Postleitzahlen-Lotterie“ (einige Kommunen haben schon selbst finanzierte Kostenübernahmeprojekte aufgebaut und andere nicht)
- Der Zugang zur Kostenübernahme sollte für Frauen im Transferleistungsbezug und Frauen mit vergleichbar geringem Einkommen zugänglich sein.
- Die gesamte Palette der verschreibungspflichtigen Verhütungsmittel und die dafür notwendigen ärztlichen Leistungen sollten von der Kostenübernahme abgedeckt werden.
- Das Kostenübernahmeverfahren sollte für die Frauen niedrigschwellig, unbürokratisch und stigmatisierungsfrei sein.
- Die Verhütungsberatung sollte durch eine Institutionalisierung der Zusammenarbeit von Arztpraxen, Apotheken und Schwangerschaftsberatungsstellen gemeinsam weiterentwickelt
„Familienplanung ist ein Menschenrecht“. 1979 wurde das Recht auf Familienplanung in der UN-Frauenkonvention erstmals verbindlich festgeschrieben. Für die WHO zählt die Verhütung zu den “unentbehrlichen Arzneimitteln”, die für alle Menschen unentgeltlich zugänglich sein sollten. Bei dem Thema gibt es 42 Jahre später hierzulande noch erhebliche Defizite.
Die Auswertung des Modellprojekts biko, das 2019 ersatzlos auslief, hat deutlich gezeigt, dass Frauen, die über wenig Geld verfügen, für eine sichere Verhütung eine Kostenübernahme benötigen. Der Bedarf an kostenfreier Verhütung besteht nicht nur bei jungen Frauen in der Ausbildungsphase oder bei jenen, die Transferleistungen beziehen. Denn die zweitgrößte Nutzerinnengruppe waren Frauen, die trotz Berufstätigkeit nur über ein geringes Einkommen verfügten. Rund 60 Prozent der Nutzerinnen hatten eines oder mehrere Kinder.
Ohne eine Kostenübernahme verhüten viele gar nicht oder weniger sicher, belegte das Projekt. Bei knappen finanziellen Mitteln wird erst das akut Nötige angeschafft und die Verhütung aufgeschoben. Durch die Corona-Krise wird diese Situation für viele Frauen noch verschärft.
Jüngste Ergebnisse des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung belegen, dass Frauen in der Corona-Krise stärker von Arbeitsplatzverlusten betroffen sind. Das liegt nicht nur an ihrer ohnehin schlechteren Stellung auf dem Arbeitsmarkt, sondern auch daran, dass einzelne Wirtschaftszweige besonders unter den Auswirkungen der Krise leiden, Kurzarbeit anmelden oder gar Entlassungen vornehmen müssen. Hier sind mehrheitlich Frauen (geringfügig) beschäftigt und viele dieser (Mini-)Jobs sind ohne Kompensation weggebrochen.
Nach Meldungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung gingen allein im April 2020 durch den Corona-Stillstand bundesweit 213 000 Minijobs verloren. Beziehen Frauen Kurzarbeitergeld, reicht es bei geringem Einkommen kaum zur eigenständigen Existenzsicherung aus.
Verhütungsmittel spielen eine elementare Rolle bei der Vermeidung ungewollter Schwangerschaften. Deshalb ist es wichtig, dass sie sich alle leisten können.
Eine teure Spirale können Frauen mit wenig Geld häufig nicht bezahlen. Auch Mehrmonatspackungen der Pille bleiben dann oft unerschwinglich.